Gedanken & gedichte
Gedanke
Tagebucheintrag vom
6. Oktober 1930:
Und das Licht leuchtet in der Finsternis. Plötzlich ist es hell geworden und ich sehe einen klaren Weg. Und plötzlich ist mir der Begriff “abstrakt” klar. … Und dass die Worte “Klangfarbenharmonien” und “Klangfarbenmelodien” nicht umsonst einen tiefen Eindruck machen, wusste ich. Plötzlich stand das mit einer Eindrücklichkeit da und ich tastete. Und heute bin ich der Sache sicher, ich weiß nun, was ich suche: Farben, Musik, Eindruck, feinste Empfindung des Erlebnisses. … Der farbige Klang ist das Primäre.
Tagebucheintrag vom
22.November 1930:
Viel wissen und sich vorbereiten, um dann genau malen zu können. Botanik, Geologie, Anthropologie, alles muss man wissen und dann malen. Nicht objektive Gegenstände, sondern die innere Wirklichkeit.
Tagebucheintrag vom 2.July 1951:
Malen hält mich in Atem, überfruchtet alles. Danach fühlt sie sich befreit und stellt ihre Arbeiten 1952 in ihrem Haus in Murten aus.
„Ich möchte, wenn ich Zeit hätte, die gesamte Literatur- und Kunstgeschichte durchnehmen und daraufhin die Lügen des Mannes in Bezug auf die Frau aufdecken.
Warum Gott? Warum nicht Göttin? Warum soll die Frau nicht beten: Meine Göttin hilf mir.
War es nicht bei den Griechen zuerst eine Göttin Gaea, die die Erde beherrschte. Und Zeus war Gaeas Enkel. Zuerst war also das Weibliche, – das Frauliche. Wie war es bei den Chi-nesen, wie bei den Indier. –
Denn Buddha – Mohamed – Christus, dieses patriarchalische Herrschen kam erst viel später. Und vorher war die Frau – und nun wird sie wieder kommen.
Die Kulturträgerin der Zukunft wird die Frau sein. Der Mann zerstört. Er ist der Zerstörer.“
GEdicht
Ein Gedicht, das für die Ausstellung im Lyceumclub in Bern 1953 geschrieben wurde
Farbenklänge, fremde Weisen,
Wind und Sonne, stille Wasser,
Wunderblumen, Fabeltiere,
Menschenantlitz und Dämonen,
Dunkle Schatten, rote Blitze,
Straffgespannte Tänzerinnen.
Bilder klingen von den Wänden,
Tönen auf in unsern Herzen.
Zauberhafte Wandlung kündend
Schwerer Wunden, Schmerzen, Tränen,
Hin zu wundersamem Leben,
Hin zur ewigen Melodie.
Marguerite Senti im Oktober 1953